1895

Das Gründungslokal der Perkeo-Gesellschaft in der im jahre 1907 die "Große Carnevalgesellschsaft PERKEO Heidelberg" gegründet wurde. Inhaber Valentin Dorner wurde der erste Vorsitzende der jungen Fastnachtsgesellschaft und prägte zusammen mit dem Präsidenten Zahnarzt Dr. G.J. Dietrich die ersten Jahre des Vereins maßgebend. Volker von Offenberg schrieb jetzt ein Buch über Heidelberger Wirtschaften in dem die Weinstube Dorner und ihr Wirt ausführlich beschrieben werden.

Von der Concession zur Consumption ... Eine kleine Heidelberger "Wirtschafts"- Geschichte. 
Aufbauend insbesondere auf der Auswertung der überlieferten Konzessionsakten, erzählt der Autor Volker von Offenberg kenntnisreich, wie vielschichtig die Geschichte der Heidelberger Kneipen, Gastwirtschaften, Weinstuben, Cafés, Szenelokale ist. In dieser Geschichte spiegelt sich unverfälscht, bisweilen durchaus amüsant, das spezifische Heidelberger Lokalkolorit. Aus einer Vielzahl wirtschafts-, sozial-, politikgeschichtlicherAspekte und meist kaum bekannter Details verdichtet sich eine Art von Kulturgeschichte oder Geschichte einer spezifischen Kneipenkultur Heidelbergs, fokussierend auf Geschichte, Charakter und Atmosphäre. Mit vielen überraschenden Erkenntnissen und oft unerwartet aktuellen Bezügen. 

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Joseph Dorner, der in der Unteren Neckarstraße die Kneipe „Zum Neckarthal“ betrieben hatte, erhielt 1895 für sein neues Haus an der Römerstraße vom „Verehrlichen Stadtrat“ Heidelberg die „Concession für eine Weinwirthschaft“. Dieser Teil der Weststadt, nah an den Gleisen des alten Hauptbahnhofs gelegen, war noch wenig bebaut.


1901 übernahm Sohn Valentin Dorner, 1875 in Heidelberg geborener Wirt und Weinhändler, die Konzession. Das Anwesen Römerstr. 15a besaß ausgedehnte Gewölbekeller zur Weinlagerung, eine Fasshalle und sogar eine eigene Küferei. Neben dem Betrieb seiner Weinstube und der Weinauslieferung an die Kundschaft organisierte der umtriebige Dorner Junior auch Veranstaltungen für Vereine. So konnte er 1907 für die „Fröhlichen Pfälzer“ zwei Tage lang deren „Weinzelt“ betreiben.Über Mangel an fidelen Gästen konnte sich der Wirt nicht beklagen. 1907 wurde in seinem Lokal die Perkeo-Gesellschaft gegründet. Als der Fastnachtsverein 2018 sein 111. Jubiläum feierte, schrieb Präsident Thomas Barth eine Komödie, die teilweise in Dorners Weinstube spielt und Amanda Dorner gar zur Vorkämpferin der Frauen-Emanzipation werden ließ.

 

Mit dem „Schutzmann“, der in der Römerstraße seinen Kontrolldienst verrichtete, geriet Dorner allerdings um 1910 wiederholt in Konflikt. Mal musste der Wachtmeister eine Anzeige wegen „grobem Unfug“ aufnehmen, weil Dorner einem Gast ins Gesicht geschlagen habe. Mal stellte der Wirt ohne Zulassung Geldspielautomaten auf oder hielt nicht genehmigte Konzerte in seiner Wirtschaft ab. Mehrfach überschritt Dorner die Polizeistunde. Die kleinen Geldstrafen häuften sich … Der wohl ernsteste Vorfall ereignete sich im August 1919. Dorner erhielt eine Anzeige wegen Körperverletzung. Er habe einem Mann „mit einem Militärleibriemen“ auf den Kopf geschlagen. Das Opfer trug eine Risswunde und Beulen davon. Das Verfahren zog sich hin. Schließlich war der Hauptzeuge nicht mehr auffindbar. So wurde die Tätlichkeit zur leichten Körperverletzung herabgestuft und das Verfahren eingestellt.


In den Krisenjahren nach dem Ersten Weltkrieg sorgte zur Abwechslung die Knappheit an Rohstoffen für Probleme. Die Polizei meldete Verstöße Dorners gegen das Brennstoffgesetz. Dieses zielte auf die Ersparnis von Brennstoffen. Da der Wirt häufig die Polizeistunde überschreite, heize er länger und verbrauche mehr Brennstoff als zulässig. Die Strafe war jeweils 15 Mark oder alternativ ein Tag Haft. Im Oktober 1928 empörte sich der Wachtmeister, Schankwirt Dorner habe nach einem Unfall in der Römerstraße den Verkehr durch Herumstehen behindert. Trotz mehrfacher Aufforderung habe er nicht weichen wollen, ferner „durch Schimpfen groben Unfug verübt“ und den Wachtmeister mit Worten wie „Sie sind wohl verrückt“, „Kerl“ und „gemeiner Lügner“ beleidigt. Anzeige wurde erstattet, es kam zu einer außergerichtlichen Einigung. Dorner entschuldigte sich und zahlte 50 Mark Buße.


Um der ab Ende 1929 spürbaren Wirtschaftskrise zu begegnen, entwickelte Valentin Dorner immer neue Ideen. Er bat um die Erlaubnis zur Umwandlung von Wohnräumen in Fremdenzimmer und Konzessionsausweitung. Wegen der schlechten Geschäftslage sei ein Nebenerwerb nötig. Das Amt hatte ein Einsehen. Das Recht auf „Beherbergung von Fremden“ in den fünf Zimmern im ersten Stock wurde gewährt. Zudem versuchte Dorner nun auch das Bier trinkende Publikum für sich zu gewinnen. In einem Schreiben an das Bezirksamt teilte Dorner mit, dass mit Ausschank und Handel von Wein nicht mehr genug zu verdienen sei. Er sitze auf seinen Weinvorräten und habe durch schlechten Verkauf, Preisrückgang und Zinsverlust ein Minus von 20.000 Mark gemacht. Er sei bei der Bank verschuldet. Nun sei eine Brauerei interessiert und würde die Schuld übernehmen, wenn sie Dorners ausgedehnte Lagerräume als Bier-Depot nutzen könne. Ferner wollten seine Gäste immer wieder Bier trinken. Dorners Fazit: „Der Ausschank von Bier ist also nunmehr eine unbedingte Notwendigkeit geworden.“ Da das Lokal ohnehin als Schankwirtschaft konzessioniert war, durfte Dorner ab Dezember 1930 ausdrücklich auch Fass-Bier ausschenken. Der Ausschank von Branntwein war allerdings nach wie vor nicht erlaubt. Doch der Ärger mit dem Wachtmeister hörte keineswegs auf. So wurde in den Sommernächten des Jahres 1932 in der Weinstube mehrfach laut gesungen und Klavier gespielt. Dorner handelte sich wieder einmal eine Strafanzeige wegen Ruhestörung ein.


Mit Valentin Dorners Gesundheit stand es am Ende nicht mehr zum Besten. Im März 1941 teilte Dorners Frau dem Gewerbeamt mit, ihr Mann sei seit Jahren arbeitsunfähig und sie selbst sei 63 Jahre alt und herzkrank. Die Behörden genehmigten daher Schließtage, dann sogar die längerfristige Schließung der Wirtschaft.

Ende 1945, Valentin Dorner war inzwischen gestorben, befand sich Witwe Dorner in größten Schwierigkeiten. Sie sei „fliegergeschädigt“ und wolle nun den größeren Wirtschaftsraum mit 47 m² an eine Versicherung vermieten. Die Wirtschaft solle vorerst nur im Nebenzimmer mit 28 m² betrieben werden, liege aber wegen „Weinmangel“ ohnehin darnieder. Zeitweise waren hier „Ostflüchtlinge“ einquartiert. Ende 1951 war endgültig Schluss mit der Weinstube.
Die Gaststätte wurde in ein Ladengeschäft umgebaut. Die Firma Risch versorgte hier jetzt die Weststadt mit Kinderwägen.

 

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